Die Schweizerische Energie-Stiftung SES analysierte im Hinblick auf die Wahlen vom 22. Oktober die energiepolitischen Positionen der sechs grössten Parteien SVP, SP, FDP, Mitte, Grüne und GLP. Während sich die Grünen mit einer klaren pro-Erneuerbare Positionierung 2019 noch deutlich hervorheben konnten, ist das im Wahljahr 2023 nicht mehr möglich. Ausser bei der SVP ist die Energiewende bei allen Parteien angekommen. Aber sogar zwischen den Parteien auf der links-grünen Seite gibt es beachtliche und bislang kaum diskutierte Unterschiede.

Den Zielkonflikt zwischen Biodiversitäts- und Landschaftsschutz und dem Zubau neuer Energieanlagen wollen alle Parteien unterschiedlich lösen. So haben die Grünen klare Grundsätze für potenzielle Standorte von Solaranlagen formuliert, um Biodiversität und unverbaute Landschaften möglichst wenig zu beeinträchtigen. Im Vergleich dazu haben die Grünliberalen weniger Hemmungen, grosse Freiflächen-Anlagen in den Alpen zu realisieren, um damit Winterstrom zu produzieren. Bei der Windenergie ist die GLP zudem die einzige Partei, die den Zubau konkretisiert und quantifiziert. Während nur die SVP gegen Windenergie ist und davor warnt, dass die Schweiz mit Windanlagen zugepflastert wird, verpassen es die anderen Parteien, konkret zu werden. SVP und Mitte würden die Umweltvorschriften zu den Restwassermengen gerne lockern, um noch mehr aus den bestehenden Wasserkraftwerken herauszuholen. Für die anderen Parteien ist dies, wenn überhaupt, nur bei einer drohenden Mangellage gerechtfertigt.

Zudem identifizierte die SES einige energiepolitische Tabus, zu denen kaum eine Partei Stellung bezieht. Wenn es um den Rückbau der fossilen und atomaren Infrastruktur geht, wollen sich viele Parteien nicht festlegen. Sowohl einen potenziellen Rückbau des Gasnetzes, als auch einen verbindlichen Abschaltfahrplan für Atomkraftwerke sucht man in den energiepolitischen Absichten der Parteien vergebens. Auffallend ausgeprägt ist der parteiübergreifende Konsens, dass bei der Energieeffizienz (Energiesparen dank technischen Anwendungen) ein riesiges Potenzial besteht. Umso erstaunlicher ist, dass das aus wissenschaftlicher Sicht ebenso nachgewiesene Potenzial der Energiesuffizienz (Energiesparen durch Verhaltensänderungen) nur bei den Grünen eine prominente Rolle spielt. Trotz allen energie- und klimapolitischen Herausforderungen, die seit 2019 zugenommen oder an Dringlichkeit gewonnen haben, gehen somit die meisten Parteien davon aus, dass ein «weiter so» ausreicht, wenn man auf technologischer Ebene mit der Energiewende vorwärts macht.

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